Plötzlich fährt die Angst mit, so heißt der Titel meines heutigen Beitrages. Bisher haben wir in der gewohnten Umgebung der Förderstätte Viechtach fotografiert. Karo, Seba und Alex werden von Tag zu Tag selbstbewusster im Umgang mit den Kameras. Sehnsüchtig wurde ich wieder erwartet und voller Vorfreude. Am Mittwoch wurde ich gleich mal mit der neuen Galerie im Flur überrascht. Die ersten Fotos – geschossen von Karo, Alex und Seba – hängen als Portraits in einer mitwachsenden Galerie.
Für den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung hatten wir alle trockenes und freundliches Wetter erhofft, die erste Foto-Tour im Stadtbereich war geplant. Mit allem was dazu gehört. Auch die Presse war dabei; Lisa von Viechtach Aktuell begleitete uns Fotografen auf dem Weg in Richtung Stadtplatz. Nach dem Gruppenbild vor dem Eingang ging es dann los.
Schnell wurde allen bewußt, diese Herausforderung bringt uns an nicht geahnte neue Erfahrungen. Der Weg ist steil von der Förderstätte aus in Richtung Stadtplatz. Um ein vielfaches steiler für Alex, Karo und Seba mit ihren E-Rollis. Nicht nur weil die Strecke zu Beginn so steil war, nein das “Neue” und die Tatsache dass wir alle zu “behinderten Menschen” wurden ( sorry Raul Krauthausen, ich muss hier Deinen Begriff zitieren).
Eine Mülltonne auf dem Gehweg, eine scharfe Kurve zum abgesenkten Gehweg und die daraus resultierende Steilkurve, ein in den Gehweg ragendes geparktes Auto, das Kopfsteinpflaster, die Enge der Gehwege…es waren so viele Behinderungen.
Plötzlich fährt die Angst mit; alle waren gefordert. Dirk, Andrea und Andreas die Betreuer des Projektes seitens der Lebenshilfe als Assistenten, Lisa die Journalistin und ich. Alex, Karo und Seba fuhren auf völlig neuem und unbekanntem Terrain und sie haben es bewältigt! Nach ein paar hundert Metern war vom Gefälle beinahe nichts mehr zu spüren, zumindest nicht für uns Fußgänger.
In den Rollis entwickelt sich jedes Loch in der Teerdecke, jeder fehlende Stein im Pflaster oder auch nur die Ritze zwischen den Steinen zur Herausforderung. Die Federungen der Rollis leisteten phantastische Arbeit aber die plötzlichen Hindernisse im Fahrbahnbelag, der Steilheit des Geländes sowie die schrägen Absenkungen an den geplanten Übergängen führten zu Schrecksekunden bei den Fahrern.
Kurz vor dem Friedhof ( der Weg führt nunmal dran vorbei) mussten wir alle auf die Fahrbahn! Der Gehweg ist in diesem Bereich sowieso schon ziemlich eng, aber eine Fahrt mit dem E-Rolli ist dort unmöglich – also rauf auf die Straße. Die Autofahrer waren sehr rücksichtsvoll und hatten allesamt für uns Verständnis.
Das Ziel, den Stadtplatz von Viechtach haben wir aus Zeitgründen leider nicht geschafft. Dirk holte den am Stadtplatz geparkten Transporter und wir fuhren in zwei Gruppen vom Parkplatz an der Stadthalle wieder zurück. In den Räumen der Förderstätte konnten wir uns bis zur Abfahrt nach Hause wieder aufwärmen.
Viele Fotos konnten wir nicht “schiessen”, wir alle waren mit den Behinderungen der Straßen und Gehwege beschäftigt. Schräglage im Rolli, dazu die Tatsache dass vor dem nächsten Foto der Motor gestoppt werden muss und dann den Auslöser drücken. Eine Meisterleistung! Karo hat uns über eine weite Strecke mit einem Video begleitet; dieses befindet sich noch im Schnitt und in der Bearbeitung – wird aber zeitnah hier nachgereicht. Selbstverständlich sind auch ein paar Bilder vom Mittwoch mit in der Galerie.
Was haben wir, respektive ich aus diesem Nachmittag gelernt. Das nächste “outdoor-shooting” findet auf ebenen Flächen, Gehwegen oder Plätzen statt.
Auch der Viechtacher Anzeiger berichtet heute auf der Titelseite, sowie auf der “Viechtacher-Seite” im Leitartikel. Einen Link zum Presseartikel findet ihr hier im Anschluss.
Eine Frage von Alex hat mich doch beschäftigt: “Warum denkt niemand an uns Rolli-Fahrer?”